Kannibalismus

Erklärung

Bei „Kannibalismus“ handelt es sich um eine Verhaltensstörung, die vor allem bei Hybridhennen vorkommt. Die Ursache für das Verhalten ist noch nicht ganz erforscht, jedoch spielen hier mehrere Faktoren eine Rolle. Interessant ist, dass diese Störung nicht bei aggressiven oder nervösen Tieren vorkommt, sondern häufig bei ruhigen Legehennen.

Arten & Formen

  • Federpicken: Diese Form bildet häufig eine Vorstufe zu den weiteren und äußert sich durch bewusste Pickschläge gegen andere Hühner. Dabei werden einzelne Federn vom Opfer gepickt und anschließend gefressen. Meistens betroffen sind hier Stellen am Rücken, Hals, Oberseite des Rückens und am Schwanzansatz.
  • Kannibalismus: Als nächste Stufe kann es zum allgemeinen Kannibalismus kommen. Hier wird das fehlgeleitete Huhn durch die entstandenen Wunden des Opfers zum weiteren Picken in diese Verletzungen verleitet. Daher kommt es zu einem Kreislauf, bei dem es um Leben und Tod geht. Zusätzlich spielt die Infektionsgefahr bei offenen Wunden eine große Rolle.
  • Zehenkannibalismus: Diese Form zeigt sich durch Picken an den Zehen des betroffenen Huhns. So entstehen schmerzhafte Verletzungen, die bis hin zum Verlust der Zehen beim Opfertier führen können. Entweder entsteht diese Art spontan oder durch vorhandene blutige Verletzungen. Gerade die Zehen sind bei Hühnern Körperteile, die besonders schwer heilen, weshalb es leider oft zu Verblutungen der betroffenen Hühner kommt. Tatsächlich sind hier meist weiße Legehybridhennen die Übeltäter.
  • Kopfkannibalismus: Auch diese Art ist gefährlich, denn in diesem Fall findet das Picken am Kopf und Kamm sowie an den Kehllappen statt.
  • Kloakenkannibalismus: Dies ist die häufigste Form des Kannibalismus bei Hühnern. Hierbei wird der Fokus auf das Bepicken der gegnerischen Kloake gesetzt. Häufig findet dies beim Eierlegen statt, denn dabei ist die rote Haut des Legedarms frei und besonders anziehend. So werden die betroffenen Hennen buchstäblich von hinten aufgefressen und ausgeweidet. Besonders verbreitet ist diese Form bei braunen Legehybridhennen.

Auslöser

Zwar sind die Ursachen für die Störung noch nicht ganz erforscht, jedoch gibt es einige Faktoren, die die Entstehung fördern:

  • Krankheiten: Das Verhalten kann durch verschiedene Krankheiten wie einen Wurmbefall (Spulwürmer), Coliinfektion, Mykoplasmen oder Kokzidien ausgelöst werden. Bei Verdacht können Kotproben und Blutuntersuchungen Antworten liefern.
  • Haltung: Interessant ist, dass bei viel direkter Lichteinstrahlung dieses Phänomen verstärkt auftritt. Besonders der Legebereich der Hennen soll möglichst dunkel und unauffällig sein, um Kloakenkannibalismus zu vermeiden. Denn wenn die Kloake nicht beleuchtet ist, ist sie weniger attraktiv. Tatsächlich spielt die Feuchtigkeit im Stall auch eine Rolle, denn feuchte Einstreu oder zu warme Stalluft begünstigen die Störung. Außerdem sollte ausreichend Auslauf gegeben sein, denn auf engem Raum kommt es gelegentlich zu Zankereien.
  • Fütterung: Wichtig ist das Vermeiden von verunreinigtem Futter oder etwa unreinem Wasser. Außerdem sollte die Ernährung genug Magnesium und Eiweiß enthalten. Auch eine feine Futterstruktur oder ein Mangel an Grit können negative Folgen haben.
Mit einer ausgewogenen Ernährung lässt sich Verhaltensstörungen vorbeugen.

Maßnahmen

Der erste Schritt ist das Separieren von gesunden und gestörten Hühnern und die Ermittlung einer möglichen Ursache. Damit die Opfertiere heilen können, muss darauf geachtet werden, dass das kannibalistische Huhn keinen Reizen ausgesetzt ist. Eine Möglichkeit ist die Verwendung von Blauspray am Huhn, wobei so die Wunden desinfiziert werden. Außerdem verschwindet so die rote attraktive Farbe um die Kloake. Des Weiteren gibt es Kannibal-Sprays, die das kannibalistische Huhn durch einen unangenehmen Geruch vom Opfer fernhalten.

Ebenfalls können Halter*innen die Fenster rot streichen und für gelb-rotes Licht im Stall sorgen. Empfehlenswert ist auch das Einrichten von Zonen im Stall – z.B. Freiflächen, Ruheorte, Legeplätze, Futterorte etc. Eine der wichtigsten Maßnahmen ist jedoch die Einhaltung von Hygienemaßnahmen. Sowohl der Stall als auch der Auslauf sind unbedingt sauber zu halten. So können Infektionen über Wunden vermieden werden.

Heilung

Sofern die Opfer des Kannibalismus am Leben bleiben, können Besitzer*innen durch die genannten Maßnahmen die Heilung begünstigen und die Tiere bald wieder normal beobachten.

Bei kannibalistischen Hühnern gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder sie heilen von selbst und legen das gestörte Verhalten alleine wieder ab oder es muss den anderen Tieren gegenüber dem Leid ein Ende gesetzt werden und das betroffene Huhn erlöst werden.